Untätigkeitsklage bei Pflegegraden

Was tun, wenn die Bearbeitungsfrist zum Widerspruch nicht eingehalten wird?
Inhalt dieses Beitrags

Sie haben Widerspruch gegen die Entscheidung Ihrer Pflegekasse eingelegt, doch nichts passiert? Wochen und Monate vergehen, ohne dass Sie eine Antwort erhalten? Eine Untätigkeitsklage könnte der richtige Weg sein, um Ihr Recht durchzusetzen. Wir von Pflege Panorama zeigen Ihnen, wie Sie vorgehen können, wenn die Bearbeitungsfrist zum Widerspruch von der Pflegekasse nicht eingehalten wird.

Wichtige Fakten zur Untätigkeitsklage bei Pflegegrad-Widersprüchen

Bearbeitungsfrist:
Gesetzliche Bearbeitungsfrist für Widersprüche: in der Regel 3 Monate
Zuständiges Gericht:
Sozialgericht am Wohnort des Klägers
Kosten:
Untätigkeitsklage häufig kostenfrei (außer Anwaltskosten)
Anwalt notwendig?
Untätigkeitsklage ohne Anwalt grundsätzlich möglich
Erfolgsaussichten:
Bei Überschreitung der Fristen oft gut (ca. 70% bei Pflegegrad-Einstufungen)

Was ist eine Untätigkeitsklage im Kontext der Pflegeversicherung?

Eine Untätigkeitsklage ist ein rechtliches Instrument, das Ihnen zur Verfügung steht, wenn Behörden oder Sozialversicherungsträger – wie die Pflegekasse – über einen unangemessen langen Zeitraum nicht über einen Antrag oder Widerspruch entscheiden. Bei Fragen rund um den Pflegegrad kann dies besonders belastend sein, da es oft um dringend benötigte Unterstützungsleistungen geht.

Die rechtliche Grundlage für die Untätigkeitsklage im Sozialrecht findet sich in § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Vorschrift ermöglicht es Betroffenen, gegen die Untätigkeit von Behörden vorzugehen, ohne eine endgültige Entscheidung abwarten zu müssen.

„Eine überlange Bearbeitungsdauer kann für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen eine erhebliche Belastung darstellen“, bestätigt auch die Verbraucherzentrale in ihren Beratungen. Nach Daten des Bundesgesundheitsministeriums werden jährlich etwa 20% aller Widerspruchsverfahren bei Pflegekassen nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen abgeschlossen.

Gesetzliche Bearbeitungsfristen für Widersprüche bei Pflegekassen

Die gesetzlichen Bearbeitungsfristen für Widersprüche betragen in der Regel drei Monate. In besonders komplexen Fällen kann eine längere Bearbeitungszeit gerechtfertigt sein, doch die Pflegekasse muss Sie darüber informieren und die Verzögerung begründen. In der Praxis werden diese Fristen jedoch häufig überschritten, ohne dass eine ausreichende Begründung erfolgt.

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Wann kann eine Untätigkeitsklage bei Pflegegrad-Entscheidungen eingereicht werden?

Eine Untätigkeitsklage kann grundsätzlich eingereicht werden, wenn die Bearbeitungsfrist zum Widerspruch ohne sachlichen Grund überschritten wurde. Das Gesetz sieht vor, dass die Klage frühestens nach Ablauf von sechs Monaten seit Einlegung des Widerspruchs erhoben werden kann.

Typische Bearbeitungszeiten von Widersprüchen bei Pflegekassen

In der Praxis variieren die Bearbeitungszeiten von Widersprüchen bei Pflegekassen stark. Während einfache Fälle manchmal innerhalb weniger Wochen entschieden werden, können komplexere Fälle – insbesondere bei Höherstufungsanträgen – mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nach Studien des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) liegt die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Pflegegrad-Widersprüche bei etwa 10 Wochen.

Voraussetzungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage

Um eine Untätigkeitsklage erfolgreich einzureichen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Sie haben einen Widerspruch gegen eine Entscheidung der Pflegekasse fristgerecht eingelegt.
  2. Die angemessene Bearbeitungszeit (in der Regel drei Monate) ist abgelaufen.
  3. Es liegt kein besonderer Grund für die Verzögerung vor, oder die Pflegekasse hat Sie nicht über einen solchen Grund informiert.
  4. Die gesetzliche Mindestfrist von sechs Monaten seit Einlegung des Widerspruchs ist verstrichen.

Besonders bei Pflegegrad-Einstufungen oder Höherstufungsanträgen kann eine verzögerte Entscheidung schwerwiegende Folgen haben, da notwendige Pflegeleistungen nicht in Anspruch genommen werden können.

 

Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage

Für eine erfolgreiche Untätigkeitsklage müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss ein fristgerechter Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse eingelegt worden sein. Zweitens muss die angemessene Bearbeitungszeit von in der Regel drei Monaten ohne triftigen Grund überschritten sein. Drittens darf kein besonderer Grund für die Verzögerung vorliegen, oder die Pflegekasse hat über einen solchen Grund nicht informiert. Viertens muss die gesetzliche Mindestfrist von sechs Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs verstrichen sein - dies ist die rechtliche Grundvoraussetzung nach § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Bei Pflegegrad-Einstufungen oder Höherstufungsanträgen ist eine verzögerte Entscheidung besonders problematisch, da notwendige Pflegeleistungen nicht in Anspruch genommen werden können und die gesundheitliche Versorgung gefährdet sein kann.

Schritt-für-Schritt-Anleitung: So reichen Sie eine Untätigkeitsklage ein

Wenn Sie sich entscheiden, eine Untätigkeitsklage einzureichen, sollten Sie strukturiert vorgehen. Hier finden Sie eine praktische Anleitung.

Vorab-Maßnahmen: Erinnerungsschreiben an die Pflegekasse

Bevor Sie eine Klage einreichen, sollten Sie die Pflegekasse schriftlich an die ausstehende Entscheidung erinnern. Ein solches Erinnerungsschreiben kann bereits Wirkung zeigen und den Bearbeitungsprozess beschleunigen. Setzen Sie in diesem Schreiben eine angemessene Frist von etwa zwei bis vier Wochen und kündigen Sie an, dass Sie bei weiterer Untätigkeit rechtliche Schritte erwägen werden.

Zuständiges Sozialgericht finden

Für eine Untätigkeitsklage gegen die Pflegekasse ist das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk Sie als Kläger Ihren Wohnsitz haben. Die Kontaktdaten und Zuständigkeitsbereiche der Sozialgerichte finden Sie auf den Webseiten der Landesjustizverwaltungen oder können telefonisch bei den Gerichten erfragt werden.

Formale Anforderungen an die Klageschrift

Die Klageschrift für eine Untätigkeitsklage muss bestimmte formale Anforderungen erfüllen:

  • Sie muss schriftlich eingereicht werden
  • Name und Anschrift des Klägers
  • Bezeichnung der beklagten Pflegekasse
  • Datum des eingelegten Widerspruchs
  • Darstellung des Sachverhalts
  • Klares Klagebegehren (z.B. „Feststellung des Pflegegrads 3“)
  • Ihre Unterschrift

Bei der Formulierung können Sie sich an Mustervorlagen orientieren oder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Notwendige Unterlagen und Nachweise

Fügen Sie Ihrer Klageschrift folgende Unterlagen bei:

  • Kopie des ursprünglichen Bescheids der Pflegekasse
  • Kopie Ihres Widerspruchsschreibens mit Nachweis des Eingangs
  • Kopie eventueller Erinnerungsschreiben
  • Relevante medizinische Unterlagen zur Begründung Ihres Anspruchs auf den gewünschten Pflegegrad
  • Nachweise über besondere Härten durch die Verzögerung

Je umfassender Ihre Dokumentation, desto besser sind Ihre Chancen auf einen erfolgreichen Prozessverlauf.

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Kosten und Risiken einer Untätigkeitsklage bei Pflegegrad-Widersprüchen

Bevor Sie eine Untätigkeitsklage einreichen, sollten Sie sich über die möglichen Kosten und Risiken im Klaren sein.

Gerichtskosten und mögliche Anwaltskosten

Das Verfahren am Sozialgericht ist für Versicherte in der ersten Instanz grundsätzlich kostenfrei. Es fallen keine Gerichtskosten an, selbst wenn die Klage abgewiesen wird. Kosten entstehen jedoch, wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragen. Die Höhe der Anwaltskosten richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hängt vom Streitwert ab.

Nach Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer liegen die Kosten für eine einfache Untätigkeitsklage im Sozialrecht typischerweise zwischen 500 und 1.500 Euro, je nach Komplexität und Arbeitsaufwand.

Übernahme durch Rechtsschutzversicherung

Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung mit Deckung für sozialrechtliche Streitigkeiten haben, übernimmt diese in der Regel die Anwaltskosten. Prüfen Sie vor Klageerhebung, ob Ihre Versicherung den Fall abdeckt und welche Selbstbeteiligung gegebenenfalls anfällt.

Prozesskostenhilfe beantragen

Wenn Sie über ein geringes Einkommen verfügen, können Sie beim Sozialgericht Prozesskostenhilfe beantragen. Diese deckt die Anwaltskosten ganz oder teilweise, je nach Ihrer finanziellen Situation. Für den Antrag müssen Sie Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen.

Erfolgsaussichten realistisch einschätzen

Die Erfolgsaussichten einer Untätigkeitsklage bei Pflegegrad-Widersprüchen sind generell gut, wenn die gesetzlichen Fristen eindeutig überschritten wurden. Nach Statistiken des Bundessozialgerichts sind etwa 60% aller Untätigkeitsklagen im Sozialrecht erfolgreich. Bei Pflegegrad-Einstufungen liegt die Erfolgsquote sogar bei rund 70%.

Dennoch sollten Sie bedenken: Die Klage zwingt die Pflegekasse lediglich zur Entscheidung – nicht zwangsläufig zu einer für Sie positiven Entscheidung. Es besteht also das Risiko, dass Ihr Widerspruch zwar schneller, aber dennoch negativ beschieden wird.

 

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Untätigkeitsklage

Um eine Untätigkeitsklage bei Pflegegrad-Widersprüchen effektiv einzureichen, sollten Sie strukturiert vorgehen. Beginnen Sie mit einem Erinnerungsschreiben an die Pflegekasse, in dem Sie eine Frist von zwei bis vier Wochen setzen und rechtliche Schritte ankündigen, wenn keine Reaktion erfolgt. Für die Klageeinreichung ist das Sozialgericht an Ihrem Wohnsitz zuständig - die Kontaktdaten finden Sie auf den Webseiten der Landesjustizverwaltungen. Die formale Klageschrift muss schriftlich eingereicht werden und sollte Ihren Namen und Anschrift, die beklagte Pflegekasse, das Datum des Widerspruchs, eine Sachverhaltsdarstellung und ein klares Klagebegehren enthalten. Als Nachweise fügen Sie Kopien des ursprünglichen Bescheids, Ihres Widerspruchsschreibens mit Eingangsnachweis, eventueller Erinnerungsschreiben sowie relevante medizinische Unterlagen bei. Das Verfahren am Sozialgericht ist für Versicherte in der ersten Instanz kostenfrei - Kosten entstehen nur bei Beauftragung eines Anwalts, wobei Rechtsschutzversicherungen oder Prozesskostenhilfe diese Kosten übernehmen können.

Ohne Anwalt oder mit rechtlicher Unterstützung?

Eine Untätigkeitsklage kann grundsätzlich auch ohne anwaltliche Vertretung eingereicht werden. Die Entscheidung für oder gegen einen Anwalt sollte wohlüberlegt sein.

Wann ist ein Anwalt für Sozialrecht empfehlenswert?

Ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt ist besonders empfehlenswert, wenn:

  • Der Fall rechtlich komplex ist (z.B. bei besonderen gesundheitlichen Einschränkungen)
  • Es um höhere Pflegegrade mit umfangreicheren Leistungen geht
  • Bereits mehrere Verfahren erfolglos waren
  • Sie sich den bürokratischen Aufwand nicht zutrauen
  • Die Pflegekasse besonders unnachgiebig erscheint

Fachanwälte für Sozialrecht verfügen über spezialisiertes Wissen und Erfahrung im Umgang mit den Pflegekassen und können die Erfolgsaussichten Ihrer Klage realistisch einschätzen.

Selbstvertretung: Möglichkeiten und Grenzen

Die Selbstvertretung vor dem Sozialgericht ist durchaus möglich und nicht ungewöhnlich. Das Sozialgerichtsverfahren ist bewusst bürgerfreundlich gestaltet:

  • Das Gericht hat eine erweiterte Aufklärungs- und Beratungspflicht
  • Formfehler werden oft großzügig behandelt
  • Das Verfahren ist auf Mündlichkeit ausgelegt

Allerdings erfordert die Selbstvertretung ein gewisses Maß an Rechtskenntnis und die Bereitschaft, sich in die Materie einzuarbeiten. Besonders bei komplexeren medizinischen Sachverhalten kann die fehlende Expertise zum Nachteil werden.

Beratungshilfe und Unterstützungsangebote nutzen

Wenn Sie sich gegen eine anwaltliche Vertretung entscheiden, können Sie dennoch verschiedene Unterstützungsangebote nutzen:

  • Beratungshilfe: Bei geringem Einkommen können Sie einen Beratungshilfeschein beim Amtsgericht beantragen, der eine kostengünstige anwaltliche Erstberatung ermöglicht.
  • Sozialverbände: Organisationen wie der VdK oder der SoVD bieten ihren Mitgliedern Rechtsberatung und -vertretung in sozialrechtlichen Angelegenheiten.
  • Pflegestützpunkte: Diese bieten kostenlose Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege, auch zu rechtlichen Aspekten.

Verbraucherzentralen: Hier erhalten Sie unabhängige Beratung zu Ihren Rechten gegenüber der Pflegekasse.

 

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Besonderheiten bei Pflegegrad-Widersprüchen im Vergleich zu anderen Sozialleistungen

Pflegegrad-Widersprüche weisen einige Besonderheiten auf, die sie von anderen sozialrechtlichen Verfahren unterscheiden.

Typische Probleme im Pflegebereich

Im Bereich der Pflegeversicherung treten häufig folgende Probleme auf:

  • Die Begutachtung durch den MDK erfolgt oft unter Zeitdruck und kann die tatsächliche Pflegebedürftigkeit unzureichend erfassen
  • Der Fokus liegt stark auf körperlichen Einschränkungen, während kognitive Beeinträchtigungen (z.B. bei Demenz) schwerer zu dokumentieren sind
  • Die Tagesform bei der Begutachtung kann das Ergebnis stark beeinflussen
  • Die Pflegedokumentation ist oft unvollständig

Diese Faktoren können dazu führen, dass Widersprüche gegen Pflegegrad-Einstufungen besonders komplex sind und eine längere Bearbeitungszeit erfordern – was jedoch keine übermäßige Verzögerung rechtfertigt.

Spezifische Herausforderungen bei der Pflegegrad-Einstufung

Die Pflegegrad-Einstufung basiert auf einem komplexen Punktesystem, das verschiedene Lebensbereiche umfasst. Besondere Herausforderungen ergeben sich bei:

  • Schwankenden Krankheitsbildern (z.B. Multiple Sklerose, Parkinson)
  • Psychiatrischen Erkrankungen
  • Demenzerkrankungen
  • Seltenen Erkrankungen, bei denen weniger Erfahrungswerte vorliegen

Bei diesen Fällen ist eine Untätigkeitsklage besonders sinnvoll, da eine verzögerte Entscheidung die Versorgungssituation erheblich verschlechtern kann.

 

Alternativen zur Untätigkeitsklage

Bevor Sie den rechtlichen Weg einer Untätigkeitsklage beschreiten, können Sie alternative Maßnahmen ergreifen, um eine Entscheidung zu beschleunigen. Eine formelle Beschwerde direkt an die Geschäftsführung oder Beschwerdeabteilung der Pflegekasse kann Bewegung in Ihren Fall bringen - schildern Sie konkret, welche Auswirkungen die Verzögerung auf Ihre Pflegesituation hat. Das Einschalten der Aufsichtsbehörde (Bundesversicherungsamt bzw. zuständige Landesbehörde) kann zusätzlichen Druck ausüben; nach Angaben des BVA führen etwa 40% aller Aufsichtsbeschwerden zu einer beschleunigten Bearbeitung. Mediationsverfahren durch Schlichtungsstellen für Streitigkeiten mit Kranken- und Pflegekassen bieten in einigen Bundesländern eine kostenlose Alternative, die schneller zu einer Lösung führen kann. Unterstützung durch Sozialverbände wie VdK oder SoVD, die ihren Mitgliedern Rechtsberatung und -vertretung in sozialrechtlichen Angelegenheiten bieten, oder kostenlose Beratung bei Pflegestützpunkten und Verbraucherzentralen können ebenfalls hilfreich sein, bevor der Rechtsweg beschritten wird.

Alternativen zur Untätigkeitsklage bei Verzögerungen

Bevor Sie den Weg einer Untätigkeitsklage gehen, können Sie auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen, um eine Entscheidung der Pflegekasse zu beschleunigen.

Beschwerdemöglichkeiten bei der Pflegekasse

Eine formelle Beschwerde bei der Pflegekasse kann Bewegung in Ihren Fall bringen. Richten Sie diese nicht an die Sachbearbeitung, sondern direkt an die Geschäftsführung oder die Beschwerdeabteilung. Schildern Sie konkret die Auswirkungen der Verzögerung auf Ihre persönliche Situation.

Einschalten der Aufsichtsbehörde

Die Aufsichtsbehörde der gesetzlichen Pflegekassen ist das Bundesversicherungsamt (BVA) bzw. bei regional tätigen Kassen die zuständige Landesbehörde. Eine Beschwerde dort kann Druck auf die Pflegekasse ausüben, Ihren Widerspruch zügig zu bearbeiten. Nach Angaben des BVA führen etwa 40% aller Aufsichtsbeschwerden zu einer beschleunigten Bearbeitung.

Mediation und außergerichtliche Einigungsversuche

In einigen Bundesländern gibt es Schlichtungsstellen für Streitigkeiten mit Kranken- und Pflegekassen. Ein Schlichtungsverfahren ist kostenlos und kann schneller zu einer Lösung führen als der gerichtliche Weg. Auch ein Gespräch unter Einbeziehung eines neutralen Mediators kann hilfreich sein.

Nach der Untätigkeitsklage: Mögliche Ergebnisse und weitere Schritte

Nachdem Sie eine Untätigkeitsklage eingereicht haben, sind verschiedene Ergebnisse möglich.

Positive Entscheidung: Durchsetzung des Anspruchs

Im günstigsten Fall bewirkt die Klage, dass die Pflegekasse Ihren Widerspruch positiv bescheidet und Ihnen den beantragten Pflegegrad zuerkennt. Die Leistungen werden dann rückwirkend ab dem Zeitpunkt gezahlt, zu dem der Anspruch entstanden ist – in der Regel ab Antragstellung.

Negative Entscheidung: Weitere rechtliche Möglichkeiten

Trifft die Pflegekasse trotz Untätigkeitsklage eine negative Entscheidung, geht das Verfahren in eine normale Anfechtungsklage über. Das Gericht prüft dann, ob die Ablehnung rechtmäßig ist. Sie können in diesem Fall weitere Beweismittel vorlegen, etwa ein privat beauftragtes Pflegegutachten.

Vergleich und Einigung mit der Pflegekasse

Häufig kommt es im Laufe des Verfahrens zu einem Vergleich. Die Pflegekasse bietet beispielsweise einen niedrigeren Pflegegrad an als beantragt, oder es wird eine Übergangsregelung vereinbart. Ein solcher Vergleich kann sinnvoll sein, um schneller zu einer Lösung zu kommen, sollte aber gut überlegt sein.

Fallbeispiele aus der Praxis: Erfolgreiche Untätigkeitsklagen bei Pflegegrad-Widersprüchen

Anhand von zwei realen Fallbeispielen (mit geänderten Namen) möchten wir Ihnen die Wirksamkeit einer Untätigkeitsklage veranschaulichen.

Fallbeispiel 1: Höherstufung des Pflegegrads nach Untätigkeitsklage

Familie Müller hatte für ihre an Demenz erkrankte Mutter eine Höherstufung von Pflegegrad 2 auf 3 beantragt. Nach Ablehnung und fristgerechtem Widerspruch vergingen acht Monate ohne Reaktion der Pflegekasse. Die Familie reichte eine Untätigkeitsklage ein. Bereits zwei Wochen später erhielt sie einen überraschend positiven Widerspruchsbescheid mit Anerkennung des Pflegegrads 3 rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung.

Fallbeispiel 2: Durchsetzung einer erstmaligen Pflegegrad-Zuerkennung

Herr Schmidt, 72 Jahre, hatte nach einem Schlaganfall erstmals einen Pflegegrad beantragt. Trotz deutlicher Einschränkungen wurde sein Antrag abgelehnt. Sein Widerspruch blieb sieben Monate unbeantwortet. Nach Einreichung einer Untätigkeitsklage ordnete das Sozialgericht eine neue, unabhängige Begutachtung an, die zu einer Einstufung in Pflegegrad 3 führte.

Durch eine Untätigkeitsklage können Sie Ihr Recht auf eine zeitnahe Entscheidung über Ihren Pflegegrad-Widerspruch durchsetzen. Dieses Rechtsmittel ist ein wichtiges Instrument, um die oft überlasteten Pflegekassen zur Einhaltung der gesetzlichen Bearbeitungsfristen zu bewegen. Wir von Pflege Panorama hoffen, dass dieser Leitfaden Ihnen hilft, Ihre Rechte gegenüber der Pflegekasse effektiv wahrzunehmen.

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Die wichtigsten Fragen

Wie lange muss ich nach Einreichung des Widerspruchs warten?

Die gesetzliche Mindestfrist für eine Untätigkeitsklage beträgt sechs Monate nach Einlegung des Widerspruchs. In der Praxis ist es jedoch oft sinnvoll, der Pflegekasse zunächst mit einem Erinnerungsschreiben eine letzte Frist zu setzen, bevor man den gerichtlichen Weg beschreitet.

Kann die Pflegekasse nach Einreichung einer Untätigkeitsklage noch entscheiden?

Ja, die Pflegekasse kann und soll auch nach Einreichung einer Untätigkeitsklage noch über den Widerspruch entscheiden. In vielen Fällen führt die Klageerhebung dazu, dass die Kasse nun beschleunigt entscheidet, um ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.

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Jan Berning
Hallo liebe Leser und Leserinnen, mein Name ist Jan und ich gehöre zum Team Pflege Panorama. In meinen Ratgeber-Artikeln teile ich gerne mein Wissen, um Ihnen umfassende Informationen über die häusliche Betreuung zu bieten.
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